Fallstudie Verpackungsindustrie (anonymisiert)
Fallstudie: Verbesserung der Produktentwicklung mittels Künstlicher Intelligenz (KI) in der Verpackungsindustrie
(1) What to Change? – Ausgangslage und Problemstellung
Ein mittelständisches Unternehmen aus der Verpackungsindustrie mit rund 500 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 150 Millionen Euro stellte fest, dass die Entwicklungszyklen für neue Produkte durchschnittlich 18 Monate betrugen. Gleichzeitig wurde der Druck von Kunden, nachhaltige und innovative Lösungen anzubieten, immer größer. Die Erfolgsquote neuer Verpackungskonzepte auf dem Markt lag bei lediglich 40 %, was erhebliche Optimierungspotenziale aufzeigte.
Datenquellen und Probleme:
  • CRM-Daten aus Salesforce: Enthielten wertvolle Kundeninformationen, wurden aber hauptsächlich zur Pflege von Bestandskundenbeziehungen genutzt.
  • Produktionsdaten aus SAP: Bot detaillierte Einblicke in Materialkosten und Effizienz, jedoch ohne Verknüpfung mit Marktanforderungen.
  • Nachhaltigkeitstrends: Basierend auf Branchenberichten und Kundenanfragen, jedoch ohne systematische Nutzung.
  • Wettbewerbsanalysen: Zeitaufwendig und auf manueller Recherche basierend.
Hauptprobleme:
  • Isolierte Datensilos in den Bereichen Entwicklung, Produktion und Vertrieb verhinderten eine ganzheitliche Entscheidungsfindung.
  • Marktdaten wurden unsystematisch genutzt, wodurch Trends häufig zu spät erkannt wurden.
  • Entscheidungen basierten auf persönlicher Intuition und unzureichenden Datenanalysen, was zu Fehlentwicklungen führen konnte.
(2) To What to Change? – Zielzustand
Das Unternehmen definierte folgende Ziele:
  1. Reduktion der Entwicklungszyklen auf 12 Monate oder weniger durch automatisierte Analysen und gezielte Optimierung.
  1. Erhöhung der Erfolgsquote neuer Verpackungslösungen auf mindestens 60 %, indem Kundendaten und Nachhaltigkeitstrends besser genutzt werden.
  1. Einrichtung eines zentralen Datenhubs, der Echtzeit-Zugriff auf relevante Informationen aus allen Abteilungen ermöglicht.
  1. Nutzung von KI-gestützter Marktanalyse, um Materialinnovationen und branchenspezifische Anforderungen vorherzusagen.
Produkte und Zielkunden: Das Unternehmen spezialisierte sich auf nachhaltige Verpackungslösungen wie:
  • Lebensmittelverpackungen: Biologisch abbaubare Schalen, recycelbare Frischhaltefolien und Beutel für Fertiggerichte.
  • Industrielle Verpackungen: Umweltfreundliche Kartons und Polstermaterialien für Maschinenkomponenten.
  • Pharmaverpackungen: Recycelbare Medikamentenblister oder kindersichere Verpackungen.
Die Zielkunden waren primär große Lebensmittel- und Pharmaunternehmen sowie mittelständische Hersteller, die Wert auf umweltfreundliche Verpackungen legten.
(3) How to Cause the Change? – Vorgehensweise
Das Projekt wurde in mehrere Phasen unterteilt, die insgesamt 14 Monate dauerten.
  1. Analysephase (3 Monate):
  • Eine Bestandsaufnahme aller relevanten Datenquellen wurde durchgeführt. Dabei wurde erkannt, dass CRM-Daten aus Salesforce, Produktionsdaten aus SAP und Branchenberichte die höchste Relevanz für die geplanten Analysen hatten.
  • Ein interdisziplinäres Projektteam wurde gebildet, bestehend aus IT-Experten, Verpackungsentwicklern und externen Beratern für künstliche Intelligenz.
  1. Technologieauswahl (2 Monate):
  • Die Entscheidung fiel auf Google Vertex AI für Machine-Learning-Anwendungen, Snowflake als zentrale Datenplattform und Tableau zur Visualisierung der Analyseergebnisse.
  • Spezialisierte Algorithmen für Nachhaltigkeitsanalysen wurden in Zusammenarbeit mit einem externen Beratungsunternehmen entwickelt.
  1. Datenintegration (5 Monate):
  • Produktionsdaten aus SAP und CRM-Daten aus Salesforce wurden bereinigt und in Snowflake integriert.
  • Ein Machine-Learning-Modell wurde trainiert, um Branchentrends und Kundenanforderungen zu analysieren. Die KI identifizierte beispielsweise eine steigende Nachfrage nach biologisch abbaubaren Materialien in der Lebensmittelindustrie.
  • Natural Language Processing (NLP) wurde eingesetzt, um qualitative Daten aus Kundenanfragen und Branchenberichten zu analysieren.
  1. Pilotprojekt (4 Monate):
  • Die Entwicklung einer neuen nachhaltigen Verpackungslinie wurde als Pilotprojekt ausgewählt. Die KI schlug vor, Materialien auf Basis von Maisstärke und recyceltem Kunststoff zu verwenden, die zugleich kostengünstig und umweltfreundlich waren.
  • Tableau-Dashboards wurden eingesetzt, um Materialkosten, Kundenanforderungen und Produktionskapazitäten in Echtzeit zu überblicken.
  • Prototypen wurden entwickelt und mit Fokusgruppen aus der Lebensmittelindustrie getestet. Die Ergebnisse zeigten eine 30 % höhere Akzeptanz im Vergleich zu bestehenden Verpackungslösungen.
(4) Herausforderungen und Schwierigkeiten
  1. Datenqualität:
  • Produktionsdaten waren unvollständig und mussten manuell bereinigt werden. Es fehlten detaillierte Informationen zu Umweltauswirkungen bestimmter Materialien.
  1. Technologieakzeptanz:
  • Mitarbeiter in der Verpackungsentwicklung waren skeptisch gegenüber den KI-Vorschlägen, da diese oft von bisherigen Designansätzen abwichen. Workshops mit Praxisbeispielen und Erfolgsgeschichten halfen, Vertrauen aufzubauen.
  1. Modellanpassung:
  • Das Machine-Learning-Modell musste mehrfach angepasst werden, da anfängliche Vorhersagen über Materialkosten und Verfügbarkeit nicht mit den realen Marktbedingungen übereinstimmten.
  1. Bereichsübergreifende Zusammenarbeit:
  • Historische Konflikte zwischen Entwicklungs- und Vertriebsabteilungen erschwerten die Umsetzung gemeinsamer Strategien. Ein Steering-Komitee wurde eingerichtet, um klare Verantwortlichkeiten zu definieren und Konflikte zu entschärfen.
  1. Kosten:
  • Die Integration der Datenplattform und der Aufbau der KI-Infrastruktur kosteten rund 800.000 Euro. Zusätzliche Ressourcen wurden für die Schulung der Mitarbeiter eingeplant.
(5) Erste Ergebnisse
  • Zeitersparnis: Die Entwicklungszeit für die Pilotverpackung wurde von den ursprünglich geplanten 12 Monaten auf 9 Monate reduziert.
  • Marktrelevanz: Die durch die KI vorgeschlagenen Materialien entsprachen genau den Anforderungen der Zielkunden und halfen, den Markteintritt um 3 Monate zu beschleunigen.
  • Kundenzufriedenheit: Fokusgruppen zeigten eine erhöhte Akzeptanz der neuen Verpackungslösungen, insbesondere aufgrund der Nachhaltigkeitsaspekte.
(6) Learnings
  1. Iterative Entwicklung: Das Pilotprojekt zeigte, dass eine schrittweise Vorgehensweise mit kontinuierlichem Feedback entscheidend für den Erfolg ist.
  1. Datenmanagement: Die Bereinigung und Integration von Daten war zeitaufwändig, aber essenziell, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen.
  1. Mitarbeiterakzeptanz: Ein früher Einbezug der Mitarbeiter und praxisnahe Schulungen steigerten die Akzeptanz der neuen Technologien erheblich.
  1. Fokus auf Nachhaltigkeit: Die gezielte Nutzung von KI zur Identifikation von nachhaltigen Materialien erwies sich als zentraler Wettbewerbsvorteil.
Mit dem Abschluss des Pilotprojekts befindet sich das Unternehmen nun in der Planungsphase für den Rollout der Technologie auf weitere Produktlinien.
Beitrag zur Prozessverbesserung in der Verpackungsindustrie
Rolle im Projekt
Im Rahmen des Projekts zur Optimierung der Produktentwicklung in der Verpackungsindustrie war das Beratungsunternehmen als methodischer und strategischer Sparringspartner eingebunden. Die eigentliche Arbeit wurde von den Führungskräften, Mitarbeitern und insbesondere dem Innovationsteam des Unternehmens geleistet. Die beratende Rolle bestand darin, methodisches und unternehmerisches Wissen einzubringen, den Horizont zu erweitern und den Fokus immer wieder auf das Wesentliche zu lenken. Dies war entscheidend, um die begrenzten Energien und Ressourcen des Unternehmens nicht auf zu viele Baustellen und Möglichkeiten zu verteilen.
Unterstützung bei zentralen Herausforderungen
  1. Fokussierung der Ressourcen:
  • Eine der größten Herausforderungen bestand darin, aus einer Vielzahl potenzieller Handlungsoptionen diejenigen auszuwählen, die den größten Beitrag zur Zielerreichung leisten. Dabei half die Beratung, Klarheit zu schaffen und Prioritäten zu setzen.
  1. Horizonterweiterung:
  • Unterstützung, neue Möglichkeiten zu erkennen und strategisch zu bewerten. Gleichzeitig wurden viele der identifizierten Optionen bewusst ausgespart, um die Umsetzbarkeit nicht zu gefährden.
  1. Strukturelle Methodik:
  • Durch die Anwendung der Theory of Constraints (TOC) wurde sichergestellt, dass der Hauptengpass im Innovationsprozess klar identifiziert und gezielt adressiert wurde. Dieser Hauptengpass lag in der bereichsübergreifenden Entscheidungsfindung. Die Abteilungen Entwicklung, Produktion und Vertrieb arbeiteten mit isolierten Systemen und unzureichend synchronisierten Zielen, was zu Verzögerungen und ineffizienten Prozessen führte. Hinzu kam die Schwierigkeit, bei einer Vielzahl von Innovationsmöglichkeiten die richtigen Prioritäten zu setzen und weniger relevante Optionen konsequent auszuschließen.
Konkrete Mitwirkung
  • Workshops und Beratung: Regelmäßige Workshops mit Führungskräften und Teams stellten sicher, dass die strategische Ausrichtung des Projekts konsistent blieb. Die Workshops halfen dabei, mögliche Abweichungen zu erkennen und rechtzeitig gegenzusteuern.
  • Entscheidungsunterstützung: Methodisches Wissen wurde eingebracht, um dem Unternehmen zu helfen, komplexe Entscheidungen datenbasiert und pragmatisch zu treffen. Besonders in der Analyse- und Pilotphase war dies ein zentraler Aspekt.
  • Kultureller Wandel: Um die Akzeptanz der neuen Technologien und Prozesse zu fördern, wurde eine offene Kommunikationskultur unterstützt, in der Herausforderungen und Widerstände proaktiv angegangen wurden.
Nachträgliche Bewertung des Prozesses und der Ergebnisse
Aus externer Sicht war der Prozess ein Beispiel für eine ambitionierte Transformation mit begrenzten Ressourcen. Dennoch gab es auch Herausforderungen, die kritisch zu betrachten sind:
  1. Fokussierte Ressourcennutzung:
  • Während es gelang, die Kräfte auf wichtige Hebel zu konzentrieren, wurden in der Anfangsphase einige Ressourcen auf weniger relevante Bereiche gelenkt, was den Prozess leicht verzögerte.
  1. Engagiertes Team:
  • Die hohe Motivation und das Engagement der Mitarbeiter waren ausschlaggebend. Jedoch war die anfängliche Skepsis gegenüber der KI-basierten Entscheidungsfindung spürbar, was zusätzliche Schulungen und Kommunikation erforderte.
  1. Nachhaltige Ergebnisse:
  • Die Reduktion der Entwicklungszeit und die erhöhte Erfolgsquote bei neuen Produkten zeigen positive Ergebnisse. Dennoch bleibt abzuwarten, wie nachhaltig die verbesserte bereichsübergreifende Zusammenarbeit im Alltag verankert werden kann.
  1. Lernen aus dem Prozess:
  • Der iterative Ansatz war ein Erfolg. Allerdings zeigte sich, dass die klare Dokumentation von Zwischenschritten in einigen Phasen verbessert werden könnte, um künftige Projekte effizienter zu gestalten.
Workshop-Übersicht
Fazit
Die beratende Rolle war darauf ausgerichtet, das Unternehmen methodisch und strategisch zu stärken, ohne die Eigenverantwortung und Kompetenz der internen Teams zu ersetzen. Der Erfolg des Projekts zeigt, dass die klare Fokussierung auf den Engpass und die disziplinierte Priorisierung wesentliche Voraussetzungen für nachhaltige Verbesserungen sind. Dennoch bleiben Fragen der langfristigen Umsetzung und Verankerung im Unternehmensalltag offen, die weiter beobachtet werden sollten.